Allgemein, Einblicke, News

Erinnern, Verstehen und Handeln: Fachkräfte der Jugend- und Bildungsarbeit mit ConAct auf Begegnungsreise in Israel

Im Rahmen des Projekts „Sichtbar Handeln! Umgehen mit Antisemitismus in Jugend- und Bildungsarbeit“

Die einwöchige Begegnungsreise vom 9. bis 16. November 2025 im Rahmen des ConAct-Projekts „Sichtbar Handeln! Umgehen mit Antisemitismus in Jugend- und Bildungsarbeit“ gewährte Einblicke in die Geschichte, Gegenwart und Gesellschaft Israels. Durch Begegnungen und den Austausch mit israelischen Fachkräften aus der Jugend- und Bildungsarbeit setzten sich die rund 15 Teilnehmenden mit dem Alltag in Israel nach dem 7. Oktober 2023 und nach dem Waffenstillstandsabkommen auseinander. Im Blick blieben dabei auch immer die Auswirkungen auf Jugendliche und die Jugendarbeit.

Israels Geschichte und vielfältige Gegenwart. Zu Beginn der Begegnungsreise standen die Geschichte, Werte und die heutige Bedeutung der israelischen Jugendbewegungen im Fokus. Die israelischen Projektpartner*innen vom Council of Youth Movements in Israel, Roey Tshuva und Tal Madar, schilderten eindringlich mit welchen enormen Belastungen junge Menschen in Israel zu kämpfen haben und wie die Jugendbewegungen versuchen, im Umgang damit zu unterstützen.

„Mich hat die Vielfalt der Jugendbewegungen überrascht, die teilweise seit über 120 Jahren existieren und in verschiedenen Orten der Welt gegründet wurden. Beeindruckend ist, welche Wirkung sie nicht nur für die Selbstwirksamkeit der jungen Menschen, sondern auch für die Resilienz einer ganzen Gesellschaft in Krisenzeiten haben, etwa im Umgang mit der Coronakrise oder der Attacke am 7. Oktober 2023 und ihren Folgen.“

(Teilnehmer*in der Begegnungsreise)

Mit großen Visionen setzte sich die Gruppe beim Besuch des Ben-Gurion-Hauses, Wohnhaus des ersten Premierministers Israels und heute Museum sowie Bildungseinrichtung, auseinander: Es ging um die Staatsgründung Israels 1948 mit all den damit verbundenen Chancen und Risiken.

Auf einer soziokulturellen Stadtführung durch Tel Aviv wurde den Teilnehmenden aus Deutschland das Leben und der Geist der politisch sehr aktiven Tel Aviver Zivilgesellschaft deutlich. Bedeutsame Orte wie der zentrale Dizengoff-Platz wurden nach dem 7. Oktober 2023 zu einem wichtigen Gedenkort, an dem an die Opfer des Massakers und des darauffolgenden Krieges erinnert wird. Eine zentrale Frage begleitete die Gruppe durch die Städte Haifa und Akko, die sich durch ihre multiethnische und -religiöse Bevölkerung auszeichnen: Wie gelingt das Zusammenleben in einer solch diversen Einwanderungsgesellschaft? Pädagog*innen der Educators Kibbutzim von Dror Israel berichteten über die damit einhergehenden Konflikte; darüber, wie sich arabisch-jüdisches Zusammenleben in Israel konkret gestaltet und was sich nach dem 7. Oktober verändert hat. Auch die Arbeit von Organisationen, die sich aktiv für die sogenannte „shared existence“ einsetzen, kam zur Sprache.

Erinnerung an die Shoah und an den 7. Oktober. Ein Verständnis der israelischen Gesellschaft ist heute nur möglich, indem man sich mit dem Trauma des 7. Oktober 2023 auseinandersetzt. Die Teilnehmenden trafen Omri Shifroni und erfuhren mehr zu den aktuellen Debatten um das Erinnern an den 7. Oktober. Er schilderte sein persönliches Er- und Überleben im Kibbutz Be‘eri, das an der Grenze zum Gazastreifen liegt. Das Kibbutz ist eines der am schlimmsten vom Massaker des 7. Oktober betroffenen; über 130 Menschen wurden hier ermordet, 30 Bewohner*innen entführt. In Folge der Schrecken gründete Shifroni gemeinsam mit anderen Überlebenden und Angehörigen die Organisation KUMU, die jährlich die inzwischen zentrale zivilgesellschaftliche Gedenkzeremonie am 7. Oktober organisiert.

Mit einem Besuch in der Internationalen Holocaust Gedenkstätte Yad Vashem ließ sich die Gruppe auf das Erinnern an die Shoah ein. Zentrales Anliegen der Gedenkstätte in Jerusalem ist es, die Namen und Geschichten einzelner Opfer sichtbar zu machen. Und derer zu gedenken, deren Namen und Erinnerung ausgelöscht werden sollten. Die Teilnehmenden erfuhren mehr zur Bedeutung des Gedenkens an die Shoah für die israelische Identität und zur Rolle der Geschichte für die Gegenwart. Besonders eindrucksvoll ist die Gedenkstätte, weil sie – anders als viele in Deutschland – von Betroffenen für Betroffene geschaffen wurde. Der Besuch regte auch zu persönlichen Reflexionen über den eigenen Umgang mit diesem historischen Trauma an.

Zusammenfassend stellte ein*e Teilnehmer*in am Ende der Begegnungsreise fest:

„Mir ist klarer geworden, dass es keine einfachen Antworten auf komplexe Fragen und Situationen gibt und dass es manchmal gilt, das auszuhalten.“